Was riskierst du? Dariush Beigui und Seenotrettung

Wer seine Ferien am Mittelmeer verbringt, verbindet damit vor allem Erholung und mediterrane Genüsse. Wenn Dariush Beigui Urlaub hat, rettet er am selben Ort Menschen. Viele Wochen im Jahr navigiert der Hamburger Hafenschiffer als Kapitän Rettungsschiffe über das Mittelmeer und hält Ausschau nach überfüllten Booten, die Europa so lange ignoriert, bis sie untergehen. Seit 2014 sind bereits mehr als 26.924 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken – so die offiziellen Zahlen. Dariush Beigui leistet privat, was eigentlich staatliche Aufgabe wäre: Seenotrettung. Viel zu oft aber könne er nur noch Leichen bergen, erklärt er. Dass ihm für seinen Einsatz nun bis zu 20 Jahre Haft drohen, wurmt ihn nicht so sehr wie das Schicksal derer, die er nicht retten konnte. Am 21. Mai 2022 begann auf Sizilien ein Prozess, der sich Jahre hinziehen wird. Der Vorwurf gegen Dariush Beigui und 20 andere: „Beihilfe zur illegalen Einwanderung“. Es ist das erste Mal, dass eine derartige Anklage gegen zivile Seenotrettungsmissionen erhoben wird. „Das Meer und ich, wir sind keine Freunde“, sagt Dariush Beigui. Auf Flüssen fühle er sich wohler. Dennoch war er in den letzten zwei Monaten auf drei Missionen auf dem Mittelmeer unterwegs – und wird es weiter sein. Als er sich 2016 das erste Mal einer Crew anschloss, habe er fast 700 Menschen die Hand gegeben, als er ihnen von einem schwankenden Schlauchboot auf das sichere Schiff herüberhalf. In dieser Folge von GANZSCHÖNLAUT erzählt er, wie er Kapitän wurde – und erklärt, warum das auf einem Rettungsschiff gar nicht so ein großes Ding ist. Außerdem macht er klar, dass der Tod Tausender Menschen auf dem Mittelmeer kein Unfall ist. Dariush Beigui beschreibt, was wir alle tun können, um zu helfen. Dass Urlaubsreisende in Not gerettet werden, Flüchtende aber nicht, dafür hat er eine banale wie niederschmetternde Erklärung: Rassismus. GANZSCHÖNLAUT: der Veto Podcast mit unseren Hosts Ninia LaGrande und Stephan Anpalagan. Wir stellen Menschen vor, die für Veränderung etwas riskieren. Alle zwei Wochen neu. Noch mehr Geschichten über Aktivmus findest du auf veto-mag.de. Wenn du Fragen, Anmerkungen und Wünsche hast, dann schreib uns: redaktion@veto-mag.de INHALTSWARNUNG In dieser Folge geht es um Flucht und die Geschehnisse in libyschen Foltergefängnissen. Stellenweise werden sexualisierte Gewalt und Tod thematisiert. TRANSPARENZ Dariush Beigui empfiehlt den Instagram-Kanal Refugees in Libya, das Buch „Die Bäume“ von Percival Everett, den Song „Glanz und Moria“ von Kopfecho und das Projekt No Border Kitchen Lesvos. Informieren könnt ihr euch außerdem bei der Iuventa Crew und dem Verein Sea Punks. Die Folge mit Dariush Beigui wurde am 11. Juli 2023 aufgezeichnet. URHEBERRECHT Im Intro des Podcasts zitieren wir: Enissa Amani, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 2: „Die Macht der Comedy“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:11:26 Anja Reschke, aus: „Panorama“, Beitrag