„Man müsste einfach nur teilen“ – Ulrich Schneider bei Carolin Emcke über Strategien gegen Armut

0 Views· 07/14/23
In aller Ruhe
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14,1 Millionen Menschen sind in Deutschland von Armut betroffen, das hat der Paritätische Wohlfahrtsverband in seinem Armutsbericht 2022 mitgeteilt. Anders ausgedrückt: 16,9 Prozent der deutschen Bevölkerung. Ein Höchstwert. Doch warum wird über Armut nicht gesprochen – und wird sie politisch nicht ausreichend bekämpft? Darum geht es in dieser Folge von „In aller Ruhe“ mit Carolin Emcke. Zu Gast ist der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Ulrich Schneider. Schneider, 1958 in Oberhausen geboren, studierte an den Universitäten in Münster und Bonn Erziehungswissenschaften. Seit 1988 ist er im Paritätischen Wohlfahrtsverband aktiv, seit 1999 als Hauptgeschäftsführer. Der Paritätische ist ein Dachverband von über 10 000 eigenständigen gemeinnützigen Organisationen im Sozial- und Gesundheitsbereich. „Der Paritätische wirkt auf eine Sozial- und Gesellschaftspolitik hin, die die Ursachen von Benachteiligung beseitigen, ein selbstbestimmendes Leben ermöglichen und sachgerechte Rahmenbedingungen für eine zeitgemäße soziale Arbeit schaffen“, beschreibt der Verband sich selbst. „Was macht eine Arbeiterkindheit und – jugend aus? Enge.“ Schneider erinnert sich in dem Gespräch mit Carolin Emcke an seine Kindheit: „Wir hatten wirklich sehr wenig. Das hätte man damals nicht als Armut bezeichnet, weil im ganzen Viertel hatten die Menschen wenig. Das waren alles sehr einfache Arbeiter wie mein Vater, der Bierfahrer war oder bei der Wach- und Schließgesellschaft gearbeitet hat. Also wirklich: kaum Geld.“ Was das im Alltag bedeutet hat: „Enge. Es ist alles eng und alles ist klein.“ Um damit in der Familie und im Umfeld klarzukommen, brauche es sehr viel Solidarität und Rücksichtnahme: „Enge heißt auch, dass man in Kauf nimmt, dass etwas sehr unbequem ist.“ An seinem früh verstorbenen Vater habe Schneider gesehen, wie sich ein Mensch „kaputt malocht“ habe. „Er hat nicht mal die Rente erreicht.“ Und das habe Schneider „unglaublich wütend gemacht“, wie „da Leute zerschlissen werden – erst für Nazideutschland und danach für ein angebliches Wirtschaftswunder, von dem nun wirklich nicht alle etwas hatten.“ Diese Erfahrung motiviere ihn noch heute, sagt Schneider. Denn auch heute noch heiße Armut „abgehängt zu sein. Armut heißt, nicht mithalten zu können. Armut heißt, auf sich zurückgeworfen zu sein. Armut heißt, permanent Existenzängste zu haben, soziale Existenzängste zu haben und nicht zu wissen, wie man seinen Lebensunterhalt bestreiten soll.“ „Politische Teilhabe ist in Deutschland im Wesentlichen noch eine Teilhabe ab bürgerlicher Mitte aufwärts“ Von der Politik ist Schneider „komplett enttäuscht“. Ein Grund: „Seit wir uns im Krisenmodus befinden, seit 2020 wird wirklich ungeheuer viel Geld rausgehauen mit Wumms und Doppelpunkt. Und das meiste geht wirklich an Wohlhabende.“ Armutsbekämpfung fände nicht statt. Der Grund: „Der Politikbetrieb, der läuft ja nun mal so, dass er in erster Linie politische Probleme löst – und nicht unbedingt gesellschaftliche. Ein gesellschaftliches Problem muss erst in ein politisches überführt werden, damit man dann auch Politiker ins Handeln bringt.“ Und weil Armut vordergründig kein politisches Problem sei, werde es auch aktuell nicht politisches gelöst. „Arme Menschen können sich ja nicht mal die Fahrtkosten leisten, um zur Demo zu kommen. Und deswegen heißt Armut wirklich, von politischer Teilhabe ganz faktisch ausgeschlossen zu sein. Politische Teilhabe ist in Deutschland im Wesentlichen noch eine Teilhabe ab bürgerlicher Mitte aufwärts.“ Dabei wäre es sehr einfach, sagt Schneider. „Armut zu bekämpfen ist ja nicht so schwierig. Man müsste einfach nur teilen. Also wenn alle genug Geld hätten, gäbe es keine Armut. So einfach ist die Welt.“ Nicht nur um den Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen, die in Armut leben, sondern auch aus gesellschaftspolitischen Gründen: „Die beste Politik gegen rechtsradikale

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