Hannes, wo bist Du? Die Geschichte einer großen Liebe

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Julia Leischik: Spurlos
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Sieglinde ist etwas spät dran, als sie durch die alte, hölzerne Drehtür in das Foyer tritt. Es ist kurz nach 19:00 Uhr. In knapp einer Stunde soll es losgehen. Auf den Bänken und Sofas haben sich bereits zwei Dutzend Menschen eingefunden, die Sieglinde erwartungsvoll anstarren, als sie sich auf ihren Platz im Kassenhäuschen setzt. Sieglinde stellt ihre Tasche auf den Boden und schaut sich um. „Wo ist er?“ fragt sie sich. Langsam kommt wieder dieses Gefühl aus Wut und Enttäuschung hoch. „Dem werde ich was erzählen…“ Schon heute Mittag hatte Sieglinde wie bestellt und nicht abgeholt an der Straße gestanden. Ihr Mann - Hannes - wollte sie von der Arbeit abholen. So war es vereinbart. 13:00 Uhr hatten sie am Morgen ausgemacht. Und wer kam nicht? Er! Sicher einer dieser „Notfälle“ bei der Arbeit. Dieses „Schatz, Entschuldigung, aber…“. Eigentlich ist Hannes sehr zuverlässig. Umso mehr ärgert Sieglinde sich, dass er sie hat sitzen lassen. Sie blickt wieder in die Gesichter der wartenden Menschen. 19:10 Uhr. Höchste Zeit für Sieglinde, zu öffnen. Seit einigen Monaten engagieren Hannes und sie sich ehrenamtlich an der Kleinkunstbühne Graz. Sieglinde macht die Kasse. Ihr Mann die Organisation. Sicher wird er hinten im Bühnenbereich gerade alles vorbereiten. Wenn die Vorstellung läuft, dann wird Sieglinde Hannes bei Seite nehmen und mit ihm reden. Seit einem Jahr sind die beiden verheiratet. Sie diskutieren oft, streiten tuen sie eigentlich nie. Aber heute wird das anders. Gerade will Sieglinde das „Geschlossen“-Schild vom Kassentisch nehmen, da kommt eine Theaterkollegin aufgeregt auf sie zu. „Sieglinde! Da sitzt du ja schon. Wo ist Hannes? Mein Gott, ich bin ganz allein da hinten, wie soll ich das machen?“ Ruft sie hektisch. „Das ist wirklich nicht fair. Also, ihr könnt mich doch nicht so hängen lassen…“. „Hannes ist nicht hier?“ erwidert Sieglinde sichtlich überrascht. „Nein, ist er nicht!?“ entgegnet die Kollegin mit einem fragenden Blick und schiebt fast vorwurfsvoll hinterher: „Weißt du nicht, wo dein Mann ist?!“. Mit einem Schlag, von einem Moment auf dem anderen, ist Sieglindes Wut wie weggeblasen. Plötzlich ist da ein anderes Gefühl: Das Gefühl der Sorge. Dass Hannes einen Theaterabend verpasst – nein, dazu war er viel zu zuverlässig. Und auf der Baustelle gibt es jetzt ganz sicher nichts mehr zu tun. Ohne zu zögern greift Sieglinde zum Festnetztelefon, das unter dem Kassentresen steht. Sie wählt Hannes Nummer. Es ist der 26. Februar 1994. Sieglinde besitzt kein Handy. Hannes, wegen seiner Arbeit, schon. Doch er geht nicht ran. Sieglindes Puls geht schneller und schneller. Auch beim zweiten und dritten Versuch meldet sich immer nur die Mailbox. Dieser Moment - der 26. Februar 1994, kurz vor der 20:00 Uhr Vorstellung - ist der Moment, in dem Sieglinde klar wird: mein Mann ist verschwunden – Spurlos! Kontakt Info@SpurlosPodcast.de Instagram https://instagram.com/julia_leischik https://instagram.com/this_is_michael_strasser Redaktion Sylvia Lutz Susanne Sandyk Franziska Böhmer Ton Migo Fecke (Soundhouse) Eine Produktion der StellaLuisa GmbH In Zusammenarbeit mit Endemol Shine Germany und Rainer Laux Productions Du möchtest mehr über unsere Werbepartner erfahren? Hier findest du alle Infos & Rabatte!

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